„Warum schreibst du (Romane, Kurzgeschichten oder was-auch-immer)?“, diese Frage hat Meike Blatzheim in ihrer aktuellen Blogparade gestellt. Hier ist (m)eine spontane Antwort auf diese Frage nach meinem persönlichen #schreibwarum. Meine Motivation: Dreifach.
1. Sich frei fühlen
Man nehme drei Worte, und bastele beliebig: Heizung, Kälte, und ein Umzug.
„Au!“ mit einem leisen Schmerzensschrei zog sie ihre Hand zurück. Sie hatte sich an einer Rippe der Heizung gestoßen. Die Küche war der einzige Raum, in dem es in diesem Winter so warm wurde, dass sie mehrere Stunden durchschlafen konnte. In dem kleinen, kalten Wohnzimmer konnte selbst sie mit ihren 1,62 m wegen der schrägen Wände nur in der Mitte stehen. Doch für Zeltgemütlichkeit fehlte ihr in diesen Tagen nicht nur die Abenteuerlust, sondern auch die urlaubige Gewissheit, zu Hause einen erholsameren Platz zum Schlafen zu haben. Im noch kleineren, noch kälteren Schlafzimmer – Außenwand! – warteten ihre Umzugskisten darauf, dass sie sich ein Herz fasste und den Inhalt wenigstens einmal ansah. Also schlief sie schon seit Wochen zwischen Herd und der Rigips-Wand zum Badezimmer. Dort hatte sie ihre Matratze eingeklemmt, so nahe an der Heizung wie möglich. Zu nah. Sie massierte ihre Hand, und schlug eine neue Seite in ihrem Tagebuch auf.
2. Neue Welten betreten
Einmal eine andere Perspektive einnehmen, die man im wirklichen Leben nie haben wird.
Er leckte sich die Lippen und stellte seine Tasse wieder ab. Der Kaffee war nicht schlecht hier, du das war wichtig, denn er trank viel davon. Und es gab reichlich attraktive Mütter mit teuren Kinderwägen, die er mit sensiblem Blick, Ostseebräune, Dreitagebart und seinen gepflegten Händen dazu bringen konnte, ihm ihr Herz auszuschütten. Zusammen mit der Tatsache, dass es das einzige Café in der Straße war, das kein kostenloses W-Lan hatte, war das sehr wichtig. Denn er recherchierte. Ohne sich von irgendetwas ablenken zu lassen. Denn hier, genau hier, würde er die Idee haben, die ihm aus seiner Blockade heraushalf.
3. Quellen anzapfen
Dort beginnen, wo man gerade ist. Sich einlassen, auf das, was auftaucht.
Die Ladentür bimmelte nicht ein einziges Mal, bis 11. Uhr. Dann aber gleich zweimal. Henriette legte gerade den Kopf in den Nacken und ließ das restliche Brausepulver aus dem Tütchen in ihren Mund rieseln. Es prickelte und schmeckte nach Waldmeister. „Guten Tag, wo finde ich hier einen Ansprechpartner?“ Als sie sich von ihrem Hustenanfall erholt hatte und sich die Tränen abgewischt hatte, stand sie von ihrem Stuhl auf. Der Mann kam langsam durch den Gang zwischen Taschenbuchregalen und Seifen auf sie zu. Wie ein Tourist sah er nicht aus. Was wollte jemand wie er in einem Laden, in dem das Schönste die Stofftaschen mit dem Sonnenuntergang über dem Meer waren?
Zwischen Oktober und März verkaufte Henriette ungefähr drei pro Woche davon an die wenigen verfrorenen Wintergäste. Henriette sah den Mann wartend an, während sie das Brausetütchen zerknüllte. „Kann ich ihnen helfen?“ Das sollte serviceorientiert rüberkommen, klang aber wie eine eingeschnappte Fleischereifachverkäuferin. Henriette räusperte sich und setzte noch einmal an.
Das ist mein #schreibwarum:
Warum schreibe ich also? Aus mindestens diesen drei Gründen:
- Beim Schreiben spüre ich große Freiheit, mal mehr, mal weniger, aber sie ist da – ob beim Schreiben einer Kurzgeschichte, oder beim Schreiben eines Blogbeitrags über ein rechtliches Thema (Link auf meine Website). Es gibt immer Spielräume und Zwischentöne, unter denen ich auswählen kann.
- Etwas Neues entdecken: Schreiben öffnet neue Welten und Perspektiven, ich lerne mit jedem Satz und kann mich in Themen vertiefen, die ich vorher nicht kannte. Und jemand sein, der oder die ich nie sein werde.
- Die Quelle finden: Gute Geschichten sind überall, und, wenn man leise ist und genau hinschreibt, in jedem von uns. Produkte und Dienstleistungen haben sie, ebenso wie das endlose Warten im Stau – bei dem auf den ersten Blick nichts geschieht.
Das ist mein #schreibwarum. Schreiben verbindet für mich ein Gespräch auf der Bahnfahrt am Morgen mit einer Überschrift in zwei Tagen und den Eiskiosk der Kindheit mit einem Charakter in einer Geschichte in zwei Jahren. Und das Beste ist: Der Fundus wächst von Tag zu Tag.
[…] Judith Hammer (Norrview): Warum schreibst du? […]